Herr Prof. Dr. Chou, mit dem Sino German Hi-Tech Park entsteht in Heidelberg ein einzigartiges Innovations- und Wissenschaftszentrum. Was ist Ihre Motivation für ein so ehrgeiziges Projekt?
Der Sino German Hi-Tech Park soll eine Brücke zwischen Kulturen sein – Wissenschaftler und Unternehmer aus China und Deutschland sollen im Hi Tech Park zusammenkommen, gemeinsam forschen und zukunftsfähige Produkte entwickeln. Jede Seite hat wertvolles Know-how, wenn man die Stärken beider Länder zusammenbringt, können alle Beteiligten gewinnen. Wir planen, namhafte Wissenschaftszentren beider Länder mit hochtechnologiebasierten Unternehmen zu einem einzigartigen deutsch-chinesischen Gründer-, Entwicklungs- und Innovationzentrum zu vereinigen. Beide Kulturen sollen sich im Hi-Tech Park zuhause fühlen und aus der Stärke heraus, gemeinsame Kooperationen und Joint Ventures anstoßen.
„China goes global“ ist erklärte Zielrichtung für die chinesische Wirtschaft. Auf der Suche nach Märkten strömen zunehmend mehr chinesische Unternehmer ins Ausland. Der SGHTP ist der erste Hightech-Park chinesischer Investoren im Ausland. Welche Chancen sehen Sie?
Ich sehe Chancen für Deutschland wie für China. Im Mittelpunkt stehen innovative Entwicklung und Förderung unternehmerischer Aktivitäten im Rahmen der vereinbarten Innovationspartnerschaft zwischen Deutschland und China. Ziel ist, die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu intensivieren und in Kooperation zukunftsweisende Technologien voranzutreiben. Mit dem Sino German Hi-Tech Park möchte ich ein Vorzeigemodell schaffen, für gelungene Integration und erfolgreiche Kooperationen zwischen Deutschland und China. Wir fördern konkret die Zusammenarbeit und gemeinsame Entwicklungen deutsch-chinesischer Unternehmen oder Projekte. Der Fokus liegt auf allen technologiegetriebenen Bereichen der Wirtschaft, insbesondere aber auf den Schwerpunkten Industrie 4.0, Elektromobilität und Life Sciences.
In der Konzernzentrale im TechTower, dem 18-stöckigen Bürogebäude auf dem Heidelberger Königstuhl, gibt es ein „German Offshore Center“ und ein „China Gateway Center“. Was genau hat man sich darunter vorzustellen?
Das sind zwei unserer Plattformen für bilaterale Kooperationen: Im „German Offshore Center“ werden sich bis zu 20 chinesische Wirtschaftszonen und zahlreiche Hightech-Unternehmen ansiedeln. Wir stellen die Büroflächen und Personal zur Verfügung, vermitteln Experten, begleiten den gesamten Prozess des Markteinstiegs, finden Kooperationspartner und unterstützen bei der Gründung von Joint-Ventures. Mit den stärksten Wirtschaftszonen Chinas wie der aus Guangzhou, Tianjing, Shengyang usw. sowie Chinas führenden Technologie-Entwicklungskonglomerat Zhongguancun Development Group sind bereits verschiedene Partner aktiv im TechTower.
Mit dem „China Gateway Center“ richten wir uns an deutsche Unternehmen und wissenschaftliche Institute, die chinesische Partner suchen und Interesse am chinesischen Markt haben. Sie können ebenfalls Büroflächen anmieten und unsere kompletten Service-Pakete nutzen. In China ist darüber hinaus langfristig der Aufbau mehrerer Sino German Hi-Tech Parks als Brückenkopf zum Technologiepark in Deutschland geplant. Deutsche Unternehmer und Institutionen haben die Option, sich dort anzusiedeln und den chinesischen Markt zu erschließen.
Herzstück des Sino-German Hi Tech Park sind die Konversionsflächen auf dem Gelände der Patton Barracks. Was ist dort in Planung?
2019 werden wir auf den Konversionsflächen der „Patton Barracks“ mit der zweiten Stufe des Technologieparks beginnen: Auf dem Gelände des Heidelberger Innovation Parks (HIP) wird ein Innovationscampus für etablierte Unternehmen mit Laboren, modernen Büroflächen und Produktionsgebäuden von insgesamt rund 60.000 Quadratmetern Nutzfläche entstehen. Internationale Köpfe sollen hier an Lösungen und Produkten für die Zukunft arbeiten. Hier soll ein kreatives wissenschaftlich-wirtschaftliches Ecosystem mit entsprechender Infrastruktur und Serviceangeboten entstehen, das Raum für neue Produkt- und Dienstleistungsentwicklungen bietet. In einigen Bereichen der Digitalisierung ist China inzwischen Vorreiter. Deutschland wiederum liegt vorn bei Industrie 4.0 – da werden sich spannende Kooperationen ergeben.
Haben Sie bei Ihren Aktivitäten auch junge Start-ups im Fokus?
Start-ups brauchen einen eigenen Kosmos, um sich entfalten und kreativ sein zu können. Wir werden daher für Start-ups ab 2022 auf 40.000 Quadratmetern einen Inkubator entwickeln – basierend auf dem ganzheitlichen Konzept „Co-Working & Co-Living“.
Stichwort: Cross-Culture. Sie sehen sich als Vermittler zwischen den Kulturen. Wie wollen Sie die doch recht großen kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Chinesen zueinander bringen?
Wir verfügen im Cross Culture Management über viel Erfahrung und hervorragende Kontakte. Ich habe dazu in China bereits zwei wissenschaftliche Bücher veröffentlicht. Wir schaffen sowohl im TechTower wie auch später in den Patton Barrack Raum für Begegnungen und den deutsch-chinesischen Austausch. Das urban gestaltete Konzept sieht verschiedene Räumlichkeiten und Einrichtungen sowie Cross-Culture Treffpunkte vor. Wir veranstalten interessante Foren und Events, bei denen die Kulturen zusammenkommen, organisieren Unternehmerreisen nach China, empfangen viele Unternehmerdelegationen in Deutschland und bilden so eine einzigartige Begegnungsstätte für Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen.
Mit der innovativen Idee des Sino German Hi-Tech Parks hätten Sie sich überall in Deutschland ansiedeln können. Warum fiel Ihre Wahl gerade auf Heidelberg?
Auf der deutschen Landkarte sticht eine 170 Kilometer lange Hochtechnologieregion zwischen Frankfurt und Karlsruhe hervor. Große und führende Industrien, exzellente Universitäten und Deutschlands größter Flughafen sind vereint mit einer hervorragenden Landschaft und viel Lebensqualität. Heidelberg liegt nicht nur im Zentrum dieser Region, sondern gilt aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Tradition und den 57 Nobelpreisträgern als die Stadt der Wissenschaft. Die Möglichkeit, hier in zentraler Lage unsere Projekte zu starten, ist ein Glücksfall.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Anja Barlen-Herbig